Vorbereitung
Online hatten wir schon einige TED Talks gesehen und sogar im Freien Kino Halle haben wir einmal ein paar gezeigt. Als wir auf dem Piratenstammtisch im Paragon Hotel waren, fiel mir die Werbung für TEDx Sydney auf. Normale Tickets sind zum einen natürlichen schwer zu bekommen, zum anderen tragen sie (inklusive Verpflegung) mit 220 AUD zu buche. Ein „Satellite Event“ also quasi Public Viewing im Restaurant, findet ohne Eintrittspreis statt.
Online fanden wir dann noch ein kostenloses Satellite Event direkt im Opera House. Organisiert wurde dieser von „The Loop„, ein soziales Business Netzwerk für Kreative. Bei einem TEDx Talk steht das „x“ dafür, dass es eigenständig organisiert wurde. Die eigentliche TED Konferenz findet einmal jährlich in Kalifornien statt, TEDx ist ein Konzept, das allen Menschen (Schulen, Geschäften, Gemeinschaften..) ermöglichen soll, Lizenzen für eigene unabhängige TED-artige Veranstaltungen zu bekommen. Quasi Franchise.
Nach der Anmeldung erhielten noch ein paar E-Mails mit Ort und Uhrzeit und eine Woche später machten wir uns (früh morgens ^^) schon auf zum Circular Quay. Nachdem wir das Studio gefunden hatten, wurden wir erst mal wieder weggeschickt, wir waren etwas zu früh gekommen und sollten später wieder gekommen. Die nutzten wir noch für ein paar Fotos und beobachten die ankommenden Besucher. Um 8:30 meldeten wir uns wieder am Eingang des Studios und wurden nach Nennung unseres Vornamens in einer Liste gesucht. Und obwohl nichts in der E-Mail gestanden hatte, wurde mir gesagt ich dürfte nur in die Nachmittagslesungen, Robert den ganzen Tag… Nachdem ich etwas verdutzt meinte, dass nichts in der E-Mail gestanden hatte und wir nur Minuten nacheinander gebucht hatten, gab Sie auch mir beide Aufkleber für AM und PM.
Das Studio bestand aus einem kleinen Saal, der mit Sofas, Sesseln und ein paar Bartischen mit Stühlen am Rand ausgestattet war.
Darüber befand sich rund um einen Rang mit 1-2 Reihen Kinosesseln, in denen wir direkt gegenüber der großen Leinwand Plätze fanden. Links und rechts im Saal befanden sich noch ein paar Leinwände die während der Talks von Gavin Blake (FeverPicture) bebildert wurden. Ein paar Mitarbeiter von The Loop bedankten sich für das zahlreiche Erscheinen und auf der Leinwand und den 6 großen Samsung –TVs wurde der erste TEDx-Talk aus dem großen Saal neben an übertragen.
TEDx Talks
Michael West, der kulturelle Vertreter einer Gruppe von Aborigines in der Metropole Sydney eröffnete die Veranstaltung mit einer starken Rede über die Verschiedenheiten in einer Gesellschaft. „It’s as much about what we have in common as diversity…we are all the sum of what has come before us.“
Nach einem kurzen Clip (von denen es den ganzen Tag über noch viele gab) kam Professor Ron McCallum auf die Bühne. Er ist der erste blinde Professor Australiens und Neuseelands und berichtete wie seine Familie ihm ständig Texte auf Band gesprochen haben, damit er Sie sich anhören konnte. Er erzählte von seiner Begeisterung, als ein Gerät entwickelt wurde, in das er Braille tippen konnte, das gespeichert und später von der Maschine vorgelesen wurde. Er berichtete auch von dem Urheberrechtsproblem, das es in einigen englischsprachigen Ländern bereits von vielen Büchern Hörbuchfassungen gebe diese aber wegen Urheberrechtsbestimmungen nicht das Land verlassen dürfen etc.
Zur Auflockerung gab es zum einen wieder einen kleinen Clip „What inspires us?“ in dem ein Paar Leute mit schönen bunten Farben ihre Inspirationen auf Glas malten. Zum anderen die erste Musikeinlage mit den Tawadros Brothers.
Nachdem Alice Gorman ihren Talk über Ihre Arbeit als Weltraumarchäologin und ihrer Liebe zu Voyager2 (bringt aboriginal Musik ins All) erzählt hatte, kam Jennifer Robinson auf die Bühne. Sie ist eine bekannte Menschenrechtsanwältin die für jemanden einsteht der „has taken on state and corporate interests with little more than an internet connection and powerful ideas“ – nein, es ist nicht Julian Assange gemeint (der aber einer ihrer Klienten ist), sondern Benny Wenda.
Benny Wenda erzählte die bewegende Geschichte seines Lebens, er ist ein Stammeshäuptling und ist Sprecher für die Unabhängigkeit von West Papua von Indonesien. Seit er 2003 aus der Haft in West Papua geflohen ist, lebt er in London im Asyl und verbreitet mit seiner Organisation „Free West Papua“ die Menschenrechtsituation und tritt für die Unabhängigkeit ein.
Das Problem ist, das viele Staaten nichts gegen Indonesien als Handelspartner sagen möchten. Zu dem hat West Papua reiche Kupfervorkommen und die größte Goldmine der Welt. Seine Rede beendete er mit einer Bitte an alle Zuhörer: „West Papua’s story is now your story! Without your help, my people will never be free!“
Nach der Frühstückspause und wieder etwas Musik (verbunden mit einer interaktiven Klatschshow und Fibonacci Zahlen) von Greg Sheehan, gab Simon Jackman einen Talk „Talking numbers – election winning numbers! How can politics be a science“. Er ist ein Politikwissenschaftsprofessor, der sich viel mit Statistik auseinandersetzt. Es ging um Politik und „Data Revolution“ und wie diese die Politikwissenschaft verändert hatte und wie das wiederum die Realpolitik und wie Politik „gemacht wird“ beeinflusst.
Danny Kennedy hielt ein Plädoyer für die Nutzung von mehr Sonnenenergie. Ich muss zugegeben für mich klang die Idee mehr so wie „No shit, Sherlock!“, wenn man aber bedenkt, das fast 80 % der Elektrizität für die australischen Haushalte und die Industrie aus Kohle und der Rest aus Gas und nur 9% aus erneuerbaren Energien stammen (vorwiegend Wasserkraftwerken), ergibt dies durch aus Sinn. Zudem besitzt Australien kein einziges Atomkraftwerk, (ist aber der 3. Größte Uranexporteur der Welt) und hat daher auch sehr hohe Emissionswerte.
Daraufhin kam Lisa Murray auf die Bühne und erinnerte an die Kurzlebigkeit heutiger Daten. Nach nur einem Jahr nach dem arabischen Frühling sind bereits 11% der Social Media Daten unwiderruflich verschwunden. Sie ist Historikerin und erinnerte daran, dass wir in ein paar Jahren auch nicht mehr wissen würden, was diese Regierung (in Australien) nun gemacht hatte, wenn es nicht gespeichert werde. Es gibt in Australien wohl ein „digital archive“, dessen Finanzierung im Juni 2013 aufhört.
Joost Bakker ist Designer und Architekt, der seine Idee von Gebäuden die Pflanzen wachsen lassen – Greenhouse. Er baut Restaurants, die aus 100% recycelten Stahl bestehen und an der Außenwand und auf dem Dach einen Garten haben. Zudem werden nur lokale und saisonale Speisen verkauft, und wirklich alles wird recycelt. Sogar das Abwasser von den Gästetoiletten und die Bioabfälle aus der Küche werden als Dünger verwendet. Es gibt Regenwasserspeicher und Windkraftgeneratoren für den Strom. Schöne Idee!
In der 90-minütigen Mittagspause fanden wir ein schönes Restaurant mit Harbourblick direkt in den Opera Quays. Die Gäste des TEDx-Talks bekamen ein Mittagessen, dass aus Lebensmitteln von Bürgern aus Sydney gemacht wurde. Es gibt die Aktion GROW IT LOCAL, in der jeder aufgefordert wird in seinem Garten, Balkon oder Fensterbrett Nahrung anzubauen. Sie wurden gefragt ob Sie die Lebensmittel für die 2.200 Gäste von TEDx Sydney anbauen würden, und sie schafften es. Es gab eine Imkerin, die Ihre Bienen auf dem Balkon hielt, Familien die 10 Peperoni anpflanzten und ins Opernhaus brachten und Bauern die Milch und Käse dazu steuerten. Nach der Mittagspause wurde ein Clip gezeigt, in dem kleine Kinder das erste Mal verschiedene Lebensmittel probieren – in slow motion ^^
Der Genetiker David Sinclair ist der Meinung, dass es eine Möglichkeit gibt, die „Alterungsgene“ auszuschalten. Es gibt bereits Moleküle, die solche Substanzen zum Abschalten beinhalten, zum Beispiel Rotwein. Man müsste aber 100 Gläser am Tag trinken..
Kate Miller-Heidke Unplugged – australische Sängerin sang ein paar Lieder, wurde auf Gitarre begleitet und begleitete sich beim zweiten Song auch selbst am Klavier. Nach der Kaffeepause kam der Beatboxer Tom Thum auf die Bühne, so was hatte ich wirklich noch nie gehört – Wahnsinn!
Rebecca Huntley erzählte wie wir uns selber beschreiben, und wie andere uns beschreiben. „We label ourselves as voters, never citizens, and when we’re angry we label ourselves as taxpayers.“ Jeder Mensch schaue nach Unterschieden und er liebe es sich von
anderen zu unterscheiden und andere von einem selbst abzugrenzen.
Kurz vor Schluss hielt der Architekt Paul Pholeros einen interessanten Vortrag über seinen Plan zu verhindern, dass die Ureinwohner Australiens in ihren Dörfern weiterhin krank werden. Laut einer Studie hätten nur 35% der Häuser in Nordaustralien eine funktionierende Dusche und nur 58% dieser Häuser eine funktionierende Toilette! Das Problem liege zu 70% an fehlenden Renovierungsarbeiten, zu 21% an fehlerhafter Installation und zu 9% an Fehlbenutzung oder Vandalismus. Besonders schlimm ist das für Kinder von 0-5. Ohne regelmäßige Dusche können sich Bakterien ausbreiten, die deren ganzes Leben beeinflusst. Durch das Projekt wurden viele Häuser und damit die Lebensbedingungen verbessert.
Zum Abschluss wurde 15 Gästen die Möglichkeit gegeben ihre Idee (ohne Folien etc.) in 30 Sekunden vorzutragen. Um nur ein paar zu nennen: Chris aus Surry Hills schlug vor allen Kindern programmieren beizubringen, da in einer Gesellschaft die so von Computern umgeben ist, sei das eine wertvolle Fähigkeit. Oder Jeany die meinte jeder Australier sollte einmal einen Flüchtling bei sich zu Hause aufnehmen. Und dann war da noch eine Frau die lautstark meinte jeder solle seine Kinder aus der Schule nehmen. Ehm joa.
Es kam noch die Komikerin Justine Rogers auf die Bühne und zeigte allen wie man eigentlich einen TED Talk „wirklich“ (nicht) halten sollte ^^ Mit vielen Beispielen, etwas überdreht aber ok xD
Es gab noch etwas Musik und im Studio wurde sich noch mal fürs Erscheinen gedankt und dann war es ja auch schon fast 19:30 und Zeit nach Hause zu gehen J
Toller Bericht!
wirklich gut geschrieben. super gefällt mir sehr!