Victoria Gippsland Rundreise Teil 1

Coal Creek Heritage Village, Korumburra

Unsere zweite Wohnungsbesichtigung war erst 17 Uhr und so war es schon recht spät als wir uns auf die Suche nach einem Schlafplatz für die Nacht machten. Als wir fünf nach sechs an dem auserwählten Platz angekommen sind, war das Büro natürlich schon geschlossen. Dann läuft mir auf dem Parkplatz zufällig der Manager über den Weg und auf meine Nachfrage ob noch ein Platz für die Nacht frei sei, sowie meiner Antwort auf seine Nachfrage mit was wir unterwegs seien, werden wir wieder fort geschickt. Laut Policies (Hausordnung) seien keine Zelte erlaubt, nicht mal Dachzelte – wieder ein Musterbeispiel für australische Arbeitsmoral bzw. deren Verkaufsgeschick.

Auch ein zweiter Versuch über eine dreiviertel Stunde Fahrt entfernt, schlägt fehl und so machten wir es uns in dieser Nacht auf dem Parkplatz an einer Tankstelle gemütlich.

Am nächsten Morgen ging es auf ins südliche Gippsland, eine ländliche Region mit einer hügeligen Weidelandschaft und wunderschöner Küste. Über den South Gippsland Highway führte es uns nach Korumburra. Dort besichtigten wir das Coal Creek Heritage Village einem Nachbau der Stadt Korumburra in der Zeit von 1870 bis 1920, der Hochzeit des Kohleabbau im Ort. Zu besichtigen gab es neben einer alten Bank auch ein Dorfzentrum sowie allerlei Werkstätten. Die Gebäude waren teilweise mit netten Omis besetzt, die einen etwas über das jeweilige Handwerk erzählen konnten, sowie allgemein nach dem Rechten gesehen haben. Sehr viel Arbeit wird in Australien von Freiwilligen erledigt, so auch die älteren Damen, welche sich abwechselnd für ein paar Stunden am Tag in die Häuschen setzen. Am Wochenende fährt hier auch ein Zug, dieser wird ebenfalls von Freiwilligen betrieben und instandgehalten.

Coal Creek Heritage Village, Korumburra

Da es nach der Besichtigung langsam Zeit wurde einen Schlafplatz zu suchen, entschieden wir uns direkt in Korumburra, auf dem Korumburra Tourist Park, zu übernachten. Ein kleines Highlight dieses Campingplatzes ist der Grillplatz, dessen Überdachung ist mit hunderten Kuscheltieren behangen. Da sich einige Blogleser Gedanken um unsere Gesundheit machen, da wir viel Nachtisch posten: In Korumburra haben wir unser erstes selbst gemachtes Lammragout gemacht und zum Frühstück gab es Erdbeeren. Zu Weihnachten ist in Australien die Session für Erdbeeren, daher kommt Weihnachten oft auch Erdbeerkuchen auf den Tisch.

instagram Collage vom Korumburra Tourist Park

Auf dem Weg zur Wohnungsbesichtigung sind wir an einem großen Kohletagebau vorbei gefahren und wollten nun die Gelegenheit nutzen uns sowas mal aus der Nähe anzusehen. In der Touristeninformation haben wir eine Broschüre einer historischen Kohlenmiene bekommen und so ging es am Morgen auf zur State Coal Mine. Die Miene wird von Parks Victoria betrieben, der Organisation welche sich auch um die ganzen Nationalparks im Bundesstaat kümmert. So ist das Gelände umgeben von einem großzügigen Schutzgebiet, welches zum Spazieren und Entdecken einlädt. Unter Tage erfuhren wir viel Wissenswertes über die Lebensbedingungen der damaligen Zeit und die Werkzeuge für den Kohleabbau. Es ging bis zu 61 Meter unter die Erde und nach einem ca. 1,5 Kilometer langem Rundgang durch die verschiedenen Stollen ging es am Ende, mit einer Bergarbeiter-Bahn, wieder ans Tageslicht.

Alina mit Helm in der State Coal Mine, Wonthaggi

Noch mehr Fotos gibts wie immer in der Gallerie. Im nächsten Artikel gibt es Leuchttürme, noch mehr Mienen und Schlüssel…

Von Tallangatta nach Sale

Urd auf der Great Alpine Road in Australien

Als wir Tallangatta verlassen stellen wir uns eigentlich auf noch mehr trockene Hochebenen ein und vielleicht mittelgebirgsmäßige Kurven den Berg hinunter, denn es soll ja wieder an die Küste gehen. Aber weit gefehlt, nach einem Boxenstopp an der Tankstelle, sowie kurz später an einer Frischwasserquelle, geht es weiter den Berg hoch. Handy und Internet zeigen jeweils „no service“ (kein Empfang) und es geht noch weiter die Berge hinauf.

Wenn man sich zu sehr auf die Routenvorgabe verlässt und erst im Nachhinein die Detailbeschreibung liest, weiß man bis man den Berg hinauf fährt, nicht einmal das man sich auf den Weg in die Australischen Alpen macht. Da möchte ich nochmal lobend die Routentipps von Australien Info empfehlen, wir haben die ursprünglich für 8 Tage angelegte Küsten-Alpen-Kombi Route ohne Probleme auf drei Wochen ausdehnen können, so viel gibt es zu entdecken. Diese Bergtour zählt zu meinem Höhepunkt auf der Strecke, was eventuell aber auch mit dem besser werdenden Wetter zusammen hängt.

Urd auf  der Great Alpine Road in Australien

Die Berge hinunter, durch viele alte kleine Dörfchen, ehemalige Goldgräberorte, vorbei an einer Vielzahl Weinbauern, welche zum Probieren und Verweilen einladen, erreichen wir am späten Nachmittag Lakes Entrance. Unser Platz für die Nacht, der Lake Tyers Caravan Park, liegt etwas außerhalb von Lakes Entrance, dafür aber direkt am berühmten Ninety Mile Beach (150 km bzw. 90 Meilen lang). Hier bleiben wir zwei Nächte und spannen ein wenig aus, gehen am Strand spazieren und laden unsere, als auch die Akkus der Laptops wieder auf bevor es nach Raymond Island geht.

Robert am Ninety Mile Beach in Lakes Tyres

Nach Raymond Island kommt man nur mit der Fähre, mit Auto für 10 Dollar. Wie wir später lesen, mit Fahrrad oder zu Fuß für umsonst. Raymond Island gilt als guter Platz für die Koala-Beobachtung. Zwar haben wir jetzt bereits mehrmals Koalas im Tierpark besucht jedoch hat uns auch der natürliche Lebensraum der putzigen Tierchen interessiert. Tatsächlich war die Vegetation viel spärlicher bzw. trockener als ich mir das vorgestellt hatte, aber natürlich geprägt von Eukalyptusbäumen, nur halt kein Dschungel. Wir haben das Programm für ganz Faule absolviert und konnten ohne das Auto zu verlassen über 10 Koalas beobachten, einer davon sogar mit Jungem. Für die etwas sportlicheren empfehle ich eine Fahrradtour, insgesamt sollten drei Stunden dafür reichen.

Koala auf Raymond Island

Weiter ging es nach Navigationsgerät, die Routenbeschreibung gab keine Straße vor so sind wir wieder Schleichwege gefahren die das Navi vorschlägt. Tatsächlich hatte uns unsere Mitbewohnerin in Sydney davor gewarnt weil wohljedes Jahr ein paar Backpacker irgendwo auf Dirtroads verloren gehen nur weil das Navi meint das wäre die kürzeste Strecke. Diesmal führte es uns durch riesige bewässerte Gemüsefelder und wir nutzten gleich die Chance um direkt vom Bauern ein gutes Kilo Tomaten für 3 Dollar zu erstehen (im Supermarkt kostet das Kilo das Dreifache).

Anschließend geht es laut Routenplanung nach Sale, einer 13.000 Seelen Stadt, benannt nach dem britischen General Robert Henry Sale. Im Reiseführer als Sitz der Erdölindustrie angepriesen, in der Realität aber bis auf ein Maritim Museum und einer Gallery ein sterbenslangweiliges Nest. Tatsächlich war Sale bis um 1990 Sitz für Esso in Australien nachdem um 1965 offshore Öl gefunden wurde. Die blühenden Zeiten sind jedoch vorbei, allein im 19 Kilometer entfernten Longford befinden sich noch Gas verarbeitende Fabriken. 50 Kilometer von Sale befindet sich noch der VLF Transmitter Woodside (auch Omega Tower genannt), das höchste Bauwerk Australiens. Für uns nach überfliegen des Wikipedia Artikels und bei Nieselregen auch eher nicht so spannend und so haben wir uns den Weg gespart.

Hunderennbahn in Sale, Victoria

Die supergünstige Übernachtung, 19 Dollar für einen Stellplatz mit Strom, hat ein wenig über das Wetter hinweg getröstet. Wir hatten uns bei Ankunft gleich für zwei Tage einquartiert und so haben wir den freien Tag zur intensiven Recherche im Internet genutzt sowie einen kleinen Ausflug zum lokalen Aldi gemacht. Beim Aldi gab es deutsche Lebkuchen zu kaufen, genau das Richtige zum zweiten Advent. Am nächsten Tag ging es auf dem Highway direkt nach Melbourne, wieso und was Alina so fleißig recherchiert hat verrät sie im nächsten Artikel.

Schnee in Australien

BEGA Cheese Factory

Nachdem wir URD wieder hatten, konnten wir endlich nach einer weiteren Nacht in der Jugendherberge, das kleine „Städtchen“ Batemans Bay verlassen. Unser nächster Zwischenstopp war Bega, der Sitz eines bekannten Käseherstellers in Australien. Dort kann man nicht nur eine kleine Ausstellung zur Käseherstellung besichtigen, sondern auch die verschiedenen Käsesorten kosten und kaufen. Zudem gibt es in der „Bega Cheese Factory“ ein kleines Café in dem man Milchshakes, sowie selbstgemachte Eiscreme und Kuchen bekommen kann.

Besuch der BEGA Cheese Factory

Von dort fuhren wir nun weg von der Küste und ab in die Berge von New South Wales, in Richtung der Snowy Mountains. Auf dem Weg zu unserer nächsten Schlafmöglichkeit im Kosciuszko National Park, unternahmen wir noch einen kurzen Zwischenstopp in Jindabyne. Mit wieder aufgefüllten Lebensmittelfächern ging es dann nach Thredbo Diggings, ein kostenloser Campingplatz am Fuße des Kosciuszko Berges. Allein die Nationalparkgebühr von $16/24h sind bei der Einfahrt zu bezahlen.

 Mount Kosciuszko

Nach unserer bisher kältesten Nacht in Australien bei -2°C packten wir sobald die Sonne aufgegangen war unser Zelt zusammen und fuhren zum höchsten Berg Australiens: Mount Kosciuszko. Der Skilift um auf den Gipfel zu gelangen (Kosciuszko Express) befindet sich mitten in Thredbo am Friday Drive. Ein Tagesticket ist mit $33 für Erwachsene im Sommer schon etwas happig, aber dafür kann man Schnee in Australien erleben und es erwartet einen ein tollen Ausblick über die australischen Alpen.

Skilift zum Kosciuszko in Thredbo

An der letzten Liftstation angekommen, könnte man jetzt eine 13 km lange Wanderung hinauf zum Gipfel starten oder im Winter die Pisten wieder hinunter fahren. Wir haben uns für eine gemütlichere Option entschieden und sind in das Bergrestaurant Eagle Nest eingekehrt. Das höchste Restaurant Australiens liegt auf 1937m und lädt zu gemütlichen Frühstück, Mittagessen oder Café ein. Sehr groß ist die Auswahl freilich nicht und den Aufwand bezahlt man mit aber es lohnt sich!

Frühstück im höchsten Restaurant Australiens, mit Blick auf das Skigebiet.

Murray I

Wieder im Tal angelangt, haben wir uns Murray I angeschaut, eines der Wasserkraftwerke im Snowy Mountains Scheme. Das Unternehmen betreibt 16 Staudämme, 7 Kraftwerke und eine Pumpstation. Der Bau begann am 17/10/1949 und dauerte über 50 Jahre, in denen für den Bau der Staudämme und Anlagen, 100.000 Arbeiter aus über 30 Ländern in die Snowy Mountains kamen. Daher wird diese Zeit auch als der Beginn der Einwanderungspolitik Australiens bezeichnet. Am Kraftwerk Murray I, das etwa 10 km südlich von Khancoban liegt, kann man sich eine kleine Ausstellung zum Bau und dem Betrieb der Kraftwerke anschauen.

Gebäude des Snowy Hydro Gebäudes

Tallangatta

Unsere Wahl für unsere nächste Übernachtung führte uns nach Tallangatta. Ein kleines Dorf, gelegen an einem See an dem auch unser Campingplatz lag. Bevor wir uns niederließen besuchten wir noch den einzigen Supermarkt (IGA) im Ort um uns mal wieder ein leckeres indisches Abendessen zubereiten zu können J

Am nächsten Morgen ging es dann weiter nach Lakes Entrance, aber dazu mehr im nächsten Beitrag.

Von Canberra nach Batemans Bay

Robert einsam am Strand vom Depot Beach

Nach der ganzen Kultur verlassen wir die Hauptstadt und machen uns auf dem Weg zurück ans Meer, beim Nachlesen der Route fällt uns auf, wir sind eine Station zu früh zur Hauptstadt aufgebrochen und fahren im Prinzip nur wegen Batemans Bay schon jetzt erneut zurück zur Küste. Aber uns werden Pinguine, Kängurus und Warane versprochen, wer kann da schon nein sagen.

Um nicht den langweiligen Highway zu fahren, entscheiden wir uns mal eine im Camps 7 Atlas als rote Linie eingezeichnete Straße zu fahren. So als Test was unser URD verkraftet. Rote Straßen sind immerhin Major-Roads (zu Deutsch: bedeutend/wichtig/Hauptstraße), kann also nicht so schlimm werden. Angekommen liegt vor uns die „Captains Flat Road“, schätzungsweise 25km gelbe staubige Piste. Nach dem Erklimmen der Southern Highlands sind wir nun schon einiges gewohnt und URD hat die Strecke meiner Meinung nach mit Bravur gemeistert. Sogar im Vorderrad-Antriebsmodus.

Gravel Road in Australien

Alina hat während der Fahrt, auf dem Kings Highway, der nicht so anspruchsvoll aber landschaftlich sehr reizvoll ist, unsere Übernachtung für die nächste Nacht herausgesucht. Doch einiges außerhalb von Batemans Bay, aber dafür inmitten des Murramarang National Park gelegene Depot Beach Cabins & Camping Campingplatz. Wir wurden direkt bei der Ankunft von auf dem Platz grasenden Kängurus begrüßt, es war strahlend blauer Himmel und 300 Meter vom Stellplatz waren 30km Sandstrand.

Kängurus im Gras am Depot Beach

Nachdem wir URD aufgebaut hatten ging es direkt an den Strand Füße ins Wasser halten und für uns war klar, hier bleiben wir ein bisschen. Der erste Ort den wir nicht am nächsten Morgen verlassen. Als wir da so standen allein mit nichts als nur einem Fischer in Sichtweite haben wir uns vorgenommen am nächsten Morgen einen Zeitraffer-Film vom Sonnenaufgang aufzunehmen.

Robert einsam am Strand vom Depot Beach

Also am nächsten Morgen um 4:45 Uhr mit zwei Campingstühlen, Stativ, Decke, Süßigkeiten und natürlich Kamera bewaffnet an den Strand und den tollen Sonnenaufgang genossen. Den Rest des Tages haben wir entspannt und zum ersten Mal unser Selbstbau-Vorzelt aufgebaut, was besser funktioniert hat als ich mir das vorgestellt hatte. Also haben wir im Outback auf jeden Fall unseren eigenen Sonnenschutz dabei.

Urd mit Vorzelt am Depot Beach

Wenn es am Schönsten ist, dann soll man gehen und so verabschieden wir uns am dritten Morgen vom Depot Beach und brechen auf Richtung Batemans Bay. Vom Strand geht es steil die Küste hoch und nach keinem Kilometer fällt mir auf wie sich die Temperaturanzeige gefährlich nahe am oberen Ende der Skala befindet. Sofort halte ich in einem Waldweg an, denn es droht Motorschaden bei Überhitzung. Vorbereitet wie wir sind, haben wir natürlich einen Fünf-Liter-Kanister Kühlflüssigkeit dabei und füllen wieder auf. Nach zwei oder drei Wiederholungen mit vorheriger Abkühlpause erreichen wir dann das 15km entfernte Batemans Bay.

Zufällig kommen wir bei NRMA (dem ADAC) vorbei und erfragen eine vertrauenswürdige Werkstatt im Ort. Dort angekommen, will man uns in 1,5 Stunden einen Kostenvoranschlag machen und wir erkunden derweil zum ersten Mal den Ort. Dann das Urteil: Leck in einem Kühlwasserschlauch, Materialkosten 20 Dollar, Einbau wegen der ungünstigen Stelle 280 Dollar.

URD verliert Kühlflüssigkeit

Die Werkstatt liegt in einem Industrieviertel und um die Ecke liegt noch eine Werkstatt, um eine fundierte Entscheidung zu treffen lassen wir uns von dieser noch ein Angebot machen. Hier soll es „nur“ 200 Dollar kosten, jedoch definitiv länger als einen Tag dauern. Da die zweite Werkstatt einen wesentlich vertrauenswürdigeren Eindruck gemacht hat quartieren wir uns im Batemans Bay YHA Hostel ein und bringen URD in die Werkstatt.

Der folgende Tag ist gezeichnet vom Warten und der Feststellung, dass Batemans Bay wirklich nur ein kleines Örtchen ist. Sofern man nicht surft oder leidenschaftlich fischen geht gibt es dort nichts zu tun. Gekrönt von der Nachricht, dass das Auto an diesem Tag erwartungsgemäß nicht fertig wird buchen wir noch die nächsten zwei Nächte in der Jugendherberge. Nach zwei Tagen kommt der ersehnte Anruf, URD ist wieder fahrbereit. Sehr zu meinem Ärger wurde der defekte Schlauch nicht erneuert sondern geflickt (melted). Ein Ersatzteil zu besorgen hätte wohl Tage gedauert und die wollten wir ja natürlich nicht warten, wird mir beim Abholen unterstellt. Und das obwohl ich beim Abgeben extra darauf hingewiesen habe, dass sie sich bei jeglichen Überraschungen melden sollten.

Pelikane auf einer Strassenlaterne in Batemans Bay

Wir lassen uns die Stimmung aber nicht vermiesen und machen uns glücklich, dass wir URD wieder haben, auf den Weg in die Snowy Mountains. Davon aber mehr im nächsten Artikel.